Das Werk ist ein Murks. © Reinhard Winkler.

 

 

 

Le Prophète. Giacomo Meyerbeer.

Oper.

Markus Poschner, Alexander von Pfeil, Piero Vinciguerra, Katharina Gault. Landestheater Linz.

Die Stimme der Kritik für Bümpliz und die Welt, 1. Oktober 2019.

 

 

Das Werk ist ein Murks. Es bestätigt alles, was seit 1850 von Generation zu Generation über Giacomo Meyerbeer weitergereicht wird. Der Mann ist ein Stimmörder. Seine Kompositionsweise oszilliert zwischen unbekümmerter Banalität und frecher Ranschmeisse. Cornélie Falcon, die an den Uraufführungen von "La Juive" und "Les Huguenots" die Sopranrolle sang, musste im Alter von 24 Jahren abtreten: Sie hatte in den Meyerbeer-Partien ihre Stimme kaputtgesungen.

 

Das Libretto des "Propheten" ist grelle Kolportage. Die Leser von "Bild" und "Kronenzeitung" brauchen ihre Sehgewohnheiten nicht abzulegen, wenn sie das Linzer Opernhaus betreten. Das Bedürfnis nach Entsetzen und Sentimentalität wird durch Eugène Scribe weiterbedient. Wenn je das Wort "Kunstkacke" von Matthias Lilienthal seine Berechtigung hatte, dann hier.

 

Da nützt es nichts, einen so gescheiten und feinsinnigen Regisseur wie Alexander von Pfeil zu engagieren. Das reiche Handwerk, mit dem er die Massen organisiert, die Gesichter beleuchtet, die Figuren herausschält und Zusammenhänge herstellt, reicht nicht, um das Werk zu rehabilitieren. Murks bleibt Murks.

 

Dabei ist unverkennbar, dass Piero Vinciguerra ein derart starkes Einheitsbühnenbild gelungen ist, dass die dreieinhalb Stunden lange Aufführung seine Tragfähigkeit nicht zu erschöpfen vermag. Und die Kostüme von Katharina Gault evozieren am Schluss gar die groteske Welt der Fellini-Filme. Wunderbar. Und doch: Vergebliche Liebesmüh.

 

An der Premiere wirkt das Orchester unter der Leitung von Markus Poschner zuweilen unkonzentriert. Die drei grossen Sängerrollen aber sind mit Jeffrey Hartmann, Katherine Lerner und Brigitte Geller stimmlich einwandfrei besetzt. Käme es nur auf sie an, könnte man den "Propheten" als Wiederentdeckung feiern.

 

Aber das Werk ist nicht zu retten. In der Pause erzählt ein erfahrener Dramaturg, Hans Neuenfels habe in den neunziger Jahren bei seiner Inszenierung an der Wiener Staatsoper keinen Stein auf dem andern gelassen. Der alte Theatermann seufzt: "Auch keine Lösung." Was dann? "Es sein lassen." Er hat recht. Die Geschichte hat ihr Urteil über Meyerbeer längst gesprochen. R.I.P.

Grelle Kolportage. © Barbara Pálffy.

Sentimentalität.

Entsetzen. 

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