Brillante Komik. © Reinhard Werner.

 

 

 

Der Diener zweier Herren. Carlo Goldoni.

Komödie.                  

Christian Stückl. Burgtheater Wien

Die Stimme der Kritik für Bümpliz und die Welt, 2. Mai 2018.

 

 

Es ist das erste Mal, dass ich mich bei Goldoni nicht gelangweilt habe. Und wenn ich mich frage warum, liegt die Antwort klar vor Augen: Das Wunder geht zurück auf die überdurchschnittliche Qualität der Schauspieler und die überdurchschnittliche Qualität der Inszenierung. Goldoni ist fad, wenn man ihn – wie er es wünschte – mit gedämpfter Komik serviert. Aber die Sorge, welche Familie reicher ist und welchen Bewerber die Tochter heiraten soll, hat die Zuschauer, wenn sie aufrichtig sind, noch zu allen Zeiten kalt gelassen, und sie werden mit mir übereinstimmen, dass Tempo, Witz und Schmiss erst dann ins Lustspiel kommen, wenn es gelingt, die klar konturierte, aber verlorenge­gangene Mechanik der Commedia dell'arte mit heutigen Mitteln und Schauspielern wiederzu­erfinden, gleich wie Strawinsky in seiner "Pulcinella" alte Töne im Stil Pergo­lesis dem modernen Ohr nahebrachte.

 

So durchzieht nun Regisseur Christian Stückl die gallertartige Handlung mit körperbetonter Slapstick-Komik, und dank der stupenden Beherrschung von Gliedern, Augen und Zunge hält das Brio der jungen Schauspieler die Zuschauer nicht nur wach, sondern führt sie von einem Entzücken zum anderen. Es hängt alles am Detail: Wie die Komödianten den Ellbogen so aufsetzen, dass der Koffer zu Boden fällt; wie sie den Löffel zur Hand nehmen, um den neuentdeckten Pudding zu spachteln und später wieder hervorzuwürgen; oder wie sie an der Schwelle ausrutschen, um in die Grätsche zu fallen - das ist eine derart ausgetüftelte, dicht getaktete Komödienmaschinerie, wie ich ihr in 41 Burgtheaterjahren noch nie begegnet bin.

 

Egal, wie man zum Konzept steht: Da muss einer erst mal drauf kommen, und dann muss er es, ohne nachzulassen, Spielminute um Spielminute durchziehen, damit eine ungebrochene Kette von überraschenden, wirkungsvollen Einfällen die schwache Handlung zum glücklichen Ende trägt. Und gerade, weil "Der Diener zweier Herren" so hohl ist, erlebt jetzt der Zuschauer, was Theater in höchster Vollendung zustande­bringt: Gefüllte Zeit. Die Partitur, die Christian Stückl und die Truppe in den Proben miteinander geschrieben haben, macht's augenfällig.

 

Selbstverständlich kann das Burgtheater mit seinem Riesen­ensemble (66 fest, 76 als Gast) jede Rolle deckend besetzen, bis hinunter zum Kellner, der nur fünf Sätze zu sagen hat, so dass jeder Schauspieler auf der Bühne als voller Typ glaubhaft dasteht. Und immer noch gelingt es dem Haus (wie der ähnlich gelagerten Comédie-Française), die Besten unter den Jungen an sich zu ziehen und ihre überdurchschnittlichen Qualitäten in ein Ensemble von Könnern und Meistern zu integrieren.

Durchgetaktete ... 

... ausgetüftelte ... 

... Lustspielmaschinerie. 

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