Der Wald ist abstrakt. © Matthias Baus.

 

 

 

Das schlaue Füchslein. Leoš Janáček.

Oper.                  

Enrico Delamboye, Alexander von Pfeil, Piero Vinciguerra, Katharina Gault. Theater Koblenz.

Die Stimme der Kritik für Bümpliz und die Welt, 8. März 2018.

 

 

Die Aufführung zeigt die Bäume nicht. Nur deren Holz. Es wurde zugesägt zu dunkel gestrichenen Brettern, die, nebeneinander gelegt, einen grob gefugten, derben Boden ergeben (Bühne Piero Vinciguerra). Da stehen die Sänger, da wird gespielt. Der Wald, in dem das schlaue Füchslein lebt, kommt also in verwandelter, abstrakter Form auf die Bühne. Und mit Verwandlung und Abstraktion ist auch das Regiekonzept von Alexander von Pfeil beschrieben. Es zitiert den abwesenden Wald durch das wechselvolle Spiel des Lichts mit seinen hellen und schattigen Stellen. Damit vermeidet von Pfeil den illustrativen Kitsch mitsamt seiner schwerfälligen Umständlichkeit und bringt die Handlung in Fluss.

 

Die Grenzen lösen sich auf zwischen Wildnis und Forsthaus, Tier- und Menschenwelt, und die Geschichte kommt ins Schweben wie Janáčeks Musik, die die Grenze zwischen Sprechen und Singen verwischt, und auch die Grenze zwischen Emotion und Künstlichkeit, Ausdruck und Struktur, so dass alles durch einen kontinuierlichen Fluss miteinander verbunden wird.

 

Zitiert werden auch die Tiere durch abstrahierende Bewegungen. Die Sänger imitieren, wie sich Fliegen die Beine putzen, wie Hühner Eier legen und der Dackel Wasser aus dem Napf schlabbert. Dafür wurde eigens eine Bewegungstrainerin engagiert (Natalie Forester), die als blaue Libelle gleich auch zeigt, wie man's macht. Das übrige Ensemble nimmt ihr den Stil, so gut es geht, ab, doch werden da deutliche Talent- und Konditionsunterschiede erkennbar; man wird deshalb von einheitlichem Darstellungsstil nicht sprechen können.

 

Die selbe Inhomogenität findet sich auch bei den Stimmen. Zu hören sind ein paar ordentliche, aber leider auch ein paar ungenügende. Und die sind dann eben nicht zu hören. Gäbe es die Übertitelung nicht, man würde nicht einmal merken, dass sie singen. Erschwerend kommt dazu, dass naive Zuschauer der abstrahierten Handlungsführung nicht bis in alle Einzelheiten folgen können. Der Dachs verwandelt sich in den Pfarrer, indem sich der Darsteller aus seinem Tierkostüm schält (Kostüme Katharina Gault), und man versteht nicht warum. Später torkelt ein schwarzer Mann auf die Bühne und schiesst mit der Pistole das Füchslein tot. Und wieder versteht man nicht warum. So zahlt der naive Zuschauer mit stellenweisem Unverständnis den Preis für ein abstrahierend-hintupfendes Konzept.

 

Derweil verwirklicht das Orchester unter Enrico Delamboye die Partitur, wie Kaiser Joseph II. gesagt hätte, "brav, ganz brav", auch wenn nicht zu überhören ist, dass einzelne Bläserstellen, wie immer bei Janáček, schwer zu realisieren sind. Die Streicher sind anständig, aber vor lauter Kleintei­ligkeit kommen die Makrostrukturen nie ins Blickfeld. Es hilft nichts. Bei allem Fleiss bleibt "Das schlaue Füchslein" für ein Theater wie Koblenz eine Nummer zu gross.

Schnappschuss der Fuchsenfamilie.

 
 
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