So ein Tag so wunderschön wie heute. Ernst Burren.

Schauspiel.

Zimmertheater Chindlifrässer, Bern.

Der Bund, 9. April 1979.

 

 

Ein verzerrungsfreier Spiegel

 

Maskenball. Er ist schon im Seeräuberkostüm (entern, erobern!), sie liegt unbewegt auf der Couch und liest (Erich Fromm, Die Kunst des Liebens). Die Freunde kommen, auch verkleidet, um sie abzuholen. Doch sie, Judith, will nicht mit, sie mag ihr Kätzchenkostüm (schmeicheln, verführen) überhaupt nicht mehr aufsetzen. Die Stimmung ist verdorben, man beschliesst, daheim zu bleiben und sich hier einen "gemütlichen Abend" zu machen. Im Kostüm.

 

Die Schminke, die die Leute den ganzen Abend aufbehalten, ist symbolisch gemeint. Und die Durchsichtigkeit dieser Symbolik könnte dem Stück beinahe schaden, wenn sie nicht überlagert wäre von der Komplexheit des Wirklichen. Und damit hat Ernst Burren ein Stück von hoher Dichte geschaffen, so bekannt und so undurchsichtig zugleich wie das "normale" Leben eben scheint.

 

Zur Bekanntheit gehört, dass die Gestalten berndeutsch sprechen und dass die Situation (Partnerschaftskrise) in ihrer alltäglichen Form gezeigt wird. Das rückt das Stück ganz nahe an den Zuschauer heran. Und dadurch, dass die Schauspieler die Gedämpftheit des Alltäglichen durchhalten, wird die Aufführung zum verzerrungsfreien Spiegel einer hoffnungslos verfahrenen Lage. Das macht nachdenklich über den Theaterabend hinaus.

 

Zu verdanken ist diese dichte Aufführung von Ernst Burrens "So ein Tag so wunderschön wie heute" der Regie von Barbara Luginbühl, die darauf achtete, dass die Explosivität unter dem Mantel der Unauffälligkeit verborgen blieb. Und den so locker und echt agierenden Darstellern Denise Kolb, Ruedi Brütsch, Annegret Taraschewski, Thomas Holenstein.

Die Stimme der Kritik für Bümpliz und die Welt 0