Die Schönen der Nacht.

Transvestitenshow.

Gastspiel im Zähringer-Theater Bern.

Der Bund, 20. Juni 1979.

 

 

Internationales Festival Kleiner Bühnen:

Viel gute Absicht...

 

Als wir zehn Minuten später bei einem Glas Wein sassen, war die Erinnerung schon verflogen. Die zwei, drei Szenen, die wir während der Vorstellung gut oder zumindest besser als die andern gefunden hatten, erwiesen sich nachträglich auch nicht stark genug, um haften zu bleiben. (Ich denke vor allem an die Sinnlichkeit, mit der sich der blonde Tänzer zu bewegen wusste.)

 

Was soll da die Kritik noch bringen? Information? Also: Zwei Männer, eine Frau, alle aus Freiburg im Breisgau; mit einer Transvestitenshow; 90 Minuten inklusive Pause.

 

Nun haben es Transvestitenshows aber in sich. Es genügt nicht, dass sich Männer auf der Bühne wie Frauen benehmen. Und weibliche Schlager- oder Opernstars parodieren. Denn es gibt einen Massstab, an dem sich solche Darbietungen messen lassen: den Grad der Perfektion. Perfekt jedoch waren die Imitationskünste der "Schönen der Nacht" nicht gerade. Sondern da schimmerte noch viel gute Absicht durch – also das Gegenteil von Kunst.

 

Transvestitenshows haben es in sich: Sie gleichen einander wie die Fliegen. Wer eine gesehen hat, kennt alle. Denn das Genre hat enge Grenzen.  – Wozu aber holte man dann noch eine solche Truppe ans "Festival Kleiner Bühnen"? Nachdem die weit perfekteren "Crazy Night Girls" diesen Winter bereits in Bern gastiert hatten und ihre Vorstellungen mangels Interesse hatten aufgeben müssen?

 

Zugegeben, "Die Schönen der Nacht" geben sich intellektueller: "In unseren verrückten Geschichten, bei denen nichts so ist, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint, singen, tanzen und mimen wir uns durch die Klischees sämtlicher Musikgattungen." Doch mit dem Einfallsreichtum der Truppe war es, im Lichte der Scheinwerfer besehen, nicht weit her.

 

Die witzige Transvestitenshow, als die auch die "Schönen der Nacht" verstanden werden wollen, lebt davon, dass einem ab Band gespielten Schlager eine Handlung auf der Bühne unterlegt wird, die zum Text in krassem Widerspruch steht. Der Kontrast, der sich dadurch ergibt, wirkt dann komisch und reizt zum Lachen – sofern Regisseur und Darsteller über eine kräftige Bildphantasie verfügen und Sinn haben für die Karikatur. Das aber geht ihnen in den meisten Fällen ab. Die "Schönen der Nacht" machten davon keine Ausnahme.

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