Peter Schneider (Nachruf).

Zum Tod von Peter Schneider.

Berner Theatermann.

Radio DRS-2, Reflexe, 4. Dezember 1989.

 

 

Der Peter Schneider isch nid e Berüehmtheit gsy. Är het ou nid ds Züg gha, für je i die allerersti Garde ufzstyge. Är het nume Bedütig im Rahme vom Dialekttheater gha, u sogar da, im Dialektrahme, isch är bi wytem nid unbestritte gsy. Vo usse gseh, sy die Ywänd richtig. Aber es git Sache, wo me nid vo usse muess aluege, sondern vo inne. Und vo inne här gseh, isch der Peter Schneider e vollgültige, ächte Künstler gsy, will är us sim Schicksal öppis Einmaligs und Kreativs het gmacht, und so Künstler sy rar, ob sy jetz uf der Pfauebühni spiele oder im Dialekttheater 1230 mit syne 99 Plätz.

 

Luege mir's also vo inne här a. Ufgwachse isch der Peter Schneider als Verdingbueb bi fremde Lüt. Är het dermit als Kind erfahre, dass es nid ir Ornig zuegeit uf der Welt. Är het am eigete Lyb erlebt, dass me die Schwache plaget; und dass es Lüt git, wo ohni Liebi müesse ufwachse und villicht es Läbe lang ohni Liebi müesse uscho.

 

Dihr gseht, d Welt het am Peter Schneider als Kind e ganz herti Ufgab mitgä. D Ufgab nämlich, i ds Reine z cho mit dere Ungrächtigkeit und dere Lieblosigkeit. A dere Ufgab isch mänge gschytteret. Der Peter Schneider aber het syni ganzi Kraft zämegno zum ene grandiose Trotz, u dä Trotz isch ihm zum Säge worde. A sym Trotz isch d Welt abprallt; a sym Trotz isch d Enttüschig abprallt; sy Trotz het ne gschützt. Und us däm Trotz use isch är schliesslich ou zum Theater cho. Will ds Theater für ihn e Müglickeit isch gsy, e Gägewelt ufzstelle. E Wält, wo ds Ungrymete am Schluss i ds Reine chunnt. Und will sich der Peter Schneider die Gägewelt nid radikal gnue het chönne dänke, isch ihm der Gotthelf so wichtig worde. Im "Burespiegel" het är nämlich sym eigete Schicksal chönne begegne: "Ich bin geboren in der Gemeinde Unverstand, in einem Jahre, welches man nicht zählte nach Christus". Und wie der Roman der Untertitel treit: "Die Lebensgeschichte des Jeremias Gotthelf, von ihm selbst geschrieben", so hei ou d Produktione vom Theater 1230 immer wieder der Stempel gha: "Lebensgeschichte des Peter Schneider, von ihm selbst erzählt".

 

Und will's am Peter Schneider so radikal ärnst isch gsy mit em Ufrichte von ere Gäegewelt im Theater, het är ou vo sich und syne Mitspieler Radikalität ir Darstellig verlangt. Är het vo syne Laieschauspieler d Kraft verlangt, sich blutt abzzieh vor em Publikum u z säge: "Voilà, da bin i." Är het wölle, dass me ds Publikum provoziert, bis es toube wird u zrügschlaht, u de het me müesse als Schauspieler die Schläg ushalte.

 

Dihr gseht, settigi Aforderige göh wyt über d Routine vom ene Dialekttheater us. Will der Schneider, statt Spielfreud z gäh, syner Mitspieler i ds grösste Elend ynetriebe het. Für dass sie lehre, wieder drus usezcho. Dass sie im Elend d Kraft vom Trotz lehre mobilisiere, und zwar mit em Ziel, die Kraft am Schluss i Liebi z verwandle. Will der Peter Schneider mit geballter Liebeskraft het wölle sich selber u d Wält um sich verändere. Är het also ds radikal Schlechte, won är als Kind erläbt het, als Erwachsnige mit radikal Guetem wölle zrügg zahle. Mit dere Radikalität het är aber für viel Lüt öppis Sektiererisches gha. Und är het ne Angst gmacht. Aber hinter dere Angst vor em Peter Schneider syre Radikalität vermueten i d Angst, mi mög am Aspruch nach Liebi und Grächtigkeit nid gnüege, wo der Peter Schneider vo der Bühni und vo der Wält verlangt het. Jetz isch är gstorbe, am Samstig, im Alter vo 44 Jahr.

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