Der Rosenkavalier. Richard Strauss.

Peter Maag. Stadttheater Bern.

Radio DRS-2, Reflexe, 19. Mai 1987.

 

 

(Musik)

 

Ja, so faht er a, der "Rosenkavalier" vom Richard Strauss. Aber nid z Bern. Mir hei nech hie die erste 60 Sekunde von ere Ufnahm vorgstellt, wo der Herbert von Karajan dirigiert, u gspielt hei d Wiener Philharmoniker. Die glyche 60 Sekunde bruche z Bern 70 Sekunde, u töne tüe sie eso:

 

(Musik)

 

Dir ghöret's: Da sy Unterschiede, für nid z säge: Wälte derzwüsche. Wälte zwüsche de Bläser-Ysätz vo de einte u den andere, zwüsche de Tempi u zwüsche de Phrasierige. Z Bern geit's nid nume bhäbiger zue, me merkt ou scho vo Afang a, dass ds Orchester nid glych präzis bir Sach isch. Es isch da viel Ungfährs z ghöre, u mängisch het me ds Gfüehl vom ene Gschluder. Hei sie nid gnue probet? E Frag, wo sich ar Premiere meh weder eine gfragt het, wo sich het möge bsinne, wie sorgfältig u sicher das glyche Berner Sinfonieorchester im "Wozzeck" tönt het, e Partitur, wo ja ou nid grad zu de ringste ghört.

 

Im Programmheft zu däm Berner "Rosenkavalier" het's zwe gschydi Ufsätz, wo ds Wesentliche vor Komposition useschaffe. Gschydi Ufsätz – aber het se ächt der Dirigent gläse? D Musiktheaterspezialiste Stefan Kunze und Jürgen Maehder rede vo de Farbmischige, wo ds Apartige usmache a dere zarte u glych unghür solide "Rosenkavalier"-Partitur. Aber vo dene subtile Brächige u Nuancierige, wo ds Programmheft nachewyst, ghört me z Bern nüt; so weni wie vor vielgrüehmte Pianokultur, wo die grosse Strauss-Kompositione uszeichnet, ou der "Rosenkavalier", wo der Untertitel treit: "Komödie für Musik von Hugo von Hofmannsthal, Musik von Richard Strauss".

 

Dä Untertitel zeigt a, dass die Komödie für Musik mit ere alte Tradition bricht, mit ere Tradition wo seit, ir Opere chöm zersch d Musik u nächhär der Text. Nei, säge d Verfasser vom "Rosenkavalier", hie isch's umgekehrt: "Primo la voce, doppo la musica." Bim "Rosenkavalier" isch der Text nie eifach e Vorwand für ariosi Opulenz, sondern bir Uffüehrig muess me chönne verstah, was gsunge wird. Verstah. U nid nume "ghöre". Mit dere Forderig aber cha me der "Rosenkavalier" hüt chuum meh uffüehre, will die usländische Sänger, we sie de scho einigermasse dütsch chöi, u das chöi die wenigste, de sicher nid no die vielfältige Brächige vom Wienerische usebringe, wo der Hofmannsthal i syre Kunstsprach dermit spielt.

 

Aber die subtile Frage hei z Bern kei Rolle gspielt, scho drum nid, will me d Sänger gar nid ghört het. Ds Orchester isch z lut, es isch z dick u z rücksichtslos. I gäb öppis drum, wenn i wüsst, wo's gklemmt het. Liegt's a den Ohre vom 67jährige Dirigent, wo eifach nümm cha kontrolliere, wie's tönt? Oder isch er starrköpfig u schlaht sy "Rosenkavalier"-Version düre, ungschauet, ob sie i ds Theater passt oder nid? Oder isch es Füli? Der Richard Strauss het einisch im ene Vorwort verlangt (i meine ds Vorwort zu "Capriccio"), der Dirigent söll während ere Prob i Saal hocke u vo dert us lose, wie's tönt und ob me als Zueschauer no jedes Wort versteit, wo d Sänger vortrage. Het das ächt der Dirigent z Bern o gmacht? U wenn ja: Wärum het är nüt gänderet ar Orchesterufstellig u a syre Spielwys?

 

Aber wenn i über das chlage, de chlagen i eigentlich über chronischi Übel. Übel, wo scho z erste Mal uftaucht sy, wo der neu Chefdirigent z Bern der "Tannhäuser" gä het. Unterdesse isch er jetz drü Jahr da, und är kennt d Akustik vo sym Theater no geng nid. Was cha me da nume mache, dermit's besser wird?

 

(Musik)

 

So fahrig u fad, wie der "Rosenkavalier" agfange het, so fahrig u fad isch er verklunge. Dass d Lüt am Schluss überhaupt klatschet hei, het mi verwunderet. Aber wahrschynlich isch me z Bern eifach höflicher als a andere Orte. Oder wie erkäret dihr euch der Applaus nach eme settige Gschluder?

 

(Musik)

 

[Absage: Ein Beitrag von Michel Schaer über die "Rosenkavalier"-Premiere im Stadttheater Bern. Übrigens, dirigiert hat Peter Maag, Chefdirigent des Berner Sinfonieorchesters.]

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