Der Strippenzieher steht hinten. © Annette Boutellier.

 

 

Die heilige Johanna der Schlachthöfe. Bertolt Brecht.
Schauspiel.
Bühnen Bern.
Die Stimme der Kritik für Bümpliz und die Welt, 27. November 2025.

 

Man müsste von einem Ereignis reden, wenn die Bühnen Bern den Mut gehabt hätten, Bertolt Brechts abstrakte, langweilige, ideologisch hoch gerüstete, aber saumässig komplizierte, ja über weite Strecken gar für Ohr und Geist unverständliche Kapitalismuskritik in zwanzig Minuten abzuhandeln und dann die Leute zurück ins Leben zu entlassen. Aber eben, Spielpläne werden zwei Jahre zum voraus gemacht. Als "Die heilige Johanna der Schlachthöfe" ins Programm kam, hielt es niemand für möglich, dass das amerikanische Volk einem gerichtlich verurteilten Betrüger die Präsidentschaft ein zweites Mal anvertrauen könne. Das Spektakel nun, das er seit seiner Wiederwahl aufführt, ohne nachzulassen, bietet solch eine gepfefferte Lektion in schamloser politischer und kapitalistischer Machtausübung, dass der gute Brecht daneben alt aussieht. La réalité dépasse la fiction. Das grosse Lehrstück läuft derzeit in der Wirklichkeit, nicht in Vidmar 1. Dort stellt Kilian Land sprecherisch und darstellerisch zwar alle in den Schatten, auch, leider sehr deutlich, die Rollenträgerin der Johanna, Kriemhild Hamann. Aber von einem Ereignis wird man erst reden, wenn er als Richard III. auftreten wird. An dem Abend wird auch Mr. Trump für die Dauer einer Vorstellung unwichtig werden. Johanna hingegen kann man vergessen.

Der Strippenzieher steht oben. 

Der Strippenzieher steht rechts.