Kunst als Spiel mit den Schatten. © Reinhard Werner.

 
 

 

Dorian Gray. Oscar Wilde.

Schauspiel.

Bastian Kraft, Peter Baur. Burgtheater Wien.

Die Stimme der Kritik für Bümpliz und die Welt, 20. März 2024.

 

> Von der Direktorin Karin Bergmann auf den Spielplan gesetzt als kleine Produktion und am 19. März 2010 im Vestibül des Burgtheaters für ein abgezähltes Publikum zur Premiere gebracht, ist "Dorian Gray" mittlerweile zum Hype ausgewachsen. Die 230. Vorstellung läuft im Akademietheater. Alle Plätze sind verkauft, die meisten an junge Menschen; und der Mann an der Kasse sagt: " 'Dorian Gray' ist immer voll." <

 

Am linken Bühnenrand lässt sich Markus Meyer mit einer Goldmaske für "Dorian Gray" herrichten. Währenddem füllt sich der Saal. Hinter einem Tuch wartet das Spielgerüst. Sobald das Licht im Saal ausgeht, gleitet der Schauspieler, schwarz kostümiert, zwischen die Stäbe und setzt den Erzählfluss in Gang – als Mischung von Geständnis, Reflexion, Bericht, Publikumsansprache, Erinnerungsarbeit und dramatisiertem Dialog.

 

Der Schauspieler begegnet dabei nicht nur den Personen und Verläufen von Oscar Wildes abgründigem Roman, sondern auch sich selbst. Denn in der Inszenierung von Bastian Kraft spielt er alle Rollen. Die Auftritte der andern Ichs – also der Menschen, die Dorian Gray entgegentreten – erscheinen als Videoprojektionen an Stelle der Farbfelder in einer Mondrian-Skulptur; und die Auftritte des eigenen Ichs als durchchoreo­graphiertes Spiel des Körpers in Fleisch und Blut.

 

In der Mischung von Gefängnis und Labyrinth, Ästhetikum und Systemdiagramm (so lässt sich die begehbare Skulptur von Peter Baur lesen), interagiert Markus Meyer mit Bild- und Tonelementen, die vor 14 Jahren von ihm festgehalten worden sind. Sie sind mittlerweile um das jünger als er. So spiegelt die Aufführung das Problem von Zeit und Vergänglichkeit in einem Mass, wie es sich die Beteiligten bei Erarbeitung der Produktion noch gar nicht vorstellen konnten.

 

Heute durchläuft Markus Meyer das Konglomerat von Text, Musik und bewegtem Bild zum 230. Mal. Die Eleganz der Darstellung entsteht aber vor den Augen eines Publikums, das sich selber jeden Abend erneuert. Damit wird "Dorian Gray" zum Symbol für die Mehrschichtigkeit des Theaters. Es besteht, was Schau­spieler und Zuschauer angeht, aus lauter Ein- und Letzt­maligkeiten und weckt, wie alles betörend Verängliche, den Wunsch: "Verweile doch, du bist so schön!"

Dialog mit ... 

... der Goldmaske in ... 

... der Mondrianskulptur. 

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